Keimen leicht gemacht – Vom Samen zur Sprosse

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Veganer und Rohköstler schwören auf´s Keimen

Während Natur- und Rohköstler schon lange auf das Keimen schwören, ist das Interesse auch bei weiteren gesundheitsbewussten Feinschmeckern gestiegen. Insbesondere in der veganen Küche werden die zarten Jungpflanzen nach Herzenslust zum vitaminreichen Aufpeppen verwendet. Der ‘neue’ Hype rund um die nährstoffreichen Sprossen kommt – genau wie der Boom um grüne Smoothies, Buddha Bowls und Co. – aus den USA. Folgender Beitrag fokussiert die inneren Werte der Sprossen und nennt Tipps und Tricks rund ums Keimen.


Ein geschichtlicher Einblick

Bereits die Azteken und Inka begeisterten sich für die Sprossenzucht, die bis ins 13. Jahrhundert zurück verfolgt werden kann. Die Chinesen nutzen Keimlinge wiederum seit 3000 Jahren wegen ihres gesundheitlichen Potentials auf Basis der konzentrierten Nährstoffe. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage – die mittlerweile längst auch in der westlichen Welt angekommen ist -, werden Sprossen heute weltweit kommerziell produziert.


Das Nährstoffspektrum im Fokus

Bei Sprossengemüse – auch als Keimsprossen bekannt – handelt es sich um Rohkost, welches sich in einem Entwicklungsstadium zwischen Sämling und Jungpflanze befindet. In der Naturkostszene werden sie als kleine Vitalpakete mit konzentriertem Nährstoffgehalt angepriesen. In diesem Zusammenhang sind Mikronährstoffe wie Antioxidantien, Vitamine – beispielsweise Vitamin C – , Mineralstoffe und Spurenelemente wie Eisen zu nennen. Darüber hinaus liefern die kleinen Kraftpakete relevante Mengen an Ballaststoffen und essentielle Aminosäuren bzw. Enzyme. Entsprechend eignen sich die gesprossten Keime bestens zum nährstoffreichen Aufpeppen zahlreicher Speisen.Vitamin-B12-Cobalamin-Methylcobalamin-Adenosylcobalamin


Vorteile von selbst gezogenen Sprossen

Sprossen werden auch in einigen Supermärkten gekühlt und abgepackt angeboten, allerdings sind Keimlinge aufgrund ihrer zarten Konsistenz besonders empfindlich. Entsprechend können sie leicht – ähnlich wie fertig portionierter Salat – verderben. Zusätzlich verlieren sie licht- und sauerstoffempfindliche Vitamine wie Vitamin C. Entsprechend lohnt es sich – nicht zuletzt auch wegen des Plastikmülls und der Kosten – Sprossen selbst zu ziehen.

Mit etwas Übung lassen sich Keimlinge im Handumdrehen zuhause ernten und facettenreich genießen. Fairerweise sei erwähnt, dass es zunächst etwas Übung bedarf, um ein Gefühl für die Sortenvielfalt – samt ihrer individuellen Ansprüche – zu bekommen. Denn auch wenn das Grundprinzip immer gleich ist, variieren die einzelnen Schritte des Keimens; insbesondere der zeitliche Aspekt unterscheidet sich je nach favorisierten Samen. Ein besonderes Augenmerk sollte auf hygienischen Aspekten liegen, um sich vor einer unerwünschten Keimbelastung zu schützen.


Die Basics – Keimgläser à la Mini-Gewächshaus

Im Handel werden verschiedene Keimgefäße angeboten. Ein besonders benutzerfreundliches und hygienisches Keimen bieten spezielle Keimgläser. Diese umweltfreundliche Variante ist darüber hinaus dekorativ. Ein integrierter, rostfreier Deckel samt feiner Sieböffnung und ein Metallständer machen das Keimen besonders praktikabel.

Keimgläser für zu Hause, mit Metallständer
Keimgläser für zu Hause, mit Metallständer

Da die Keimgläser recht kostspielig sind, können sie – etwas handwerkliches Geschick vorausgesetzt – auch selbst aus einem Einmachglas hergestellt werden. Dafür muss ein passender Deckel im Inneren ausgestanzt oder ausgeschnitten und durch ein feinmaschiges Sieb ersetzt werden. Letzteres ermöglicht, dass das Wasser nach dem Einweichen einfach abgegossen werden und während des Keimens ausreichend Luft einströmen kann.

Keimglas mit Sieb
Keimglas mit Sieb

Wer das Keimen erstmal ausprobieren möchte, kann zunächst auf ein herkömmliches Einmachglas zurückgreifen. Die Öffnung des Glases nur teilweise mit einem Deckel – oder einer durchlöcherten Folie – verschließen. Wer Keimlinge im großen Stil anbauen möchten, findet im Handel auch mehrstöckige Keimgefäße, die allerdings häufig aus Plastik sind.


Hochwertige Samen & Geduld

Samen des Buchweizen sind ein guter Einstieg ins Keimen
Samen des Buchweizen sind ein guter Einstieg ins Keimen

Bei der Wahl der Samen sollte – der Natur bzw. des ökologischen Landbaus zuliebe -, Bio-Qualität bevorzugt werden. Zum Keimen auf dafür spezialisierte Ware zurückgreifen, da Samen aus dem Samenhandel dank möglicher Pflanzenrückstände nicht geeignet sind. Gleiches gilt für Hülsenfrüchte zum Kochen, die teilweise mit Keimhemmstoffen behandelt wurden. Ansonsten sollte natürlich der persönliche Geschmack im Vordergrund stehen. Während die Sprossen von Kresse, Radieschen, Senf oder Rettich beispielsweise einen pikant-scharfen Geschmack besitzen, punkten Getreide-Keimlinge von Gerste, Weizen oder Hafer hingegen mit einem lieblich-milden Aroma. Als glutenfreie Variante seien Buchweizen-Keimlinge zu empfehlen. Besonders beliebt sind Alfalfasamen à la Luzerne, die sich – einem pflegeleichten Handling sei Dank – bestens für Anfänger eignen.


Der Klassiker – Die Keimglas-Methode

Die favorisierten Samen werden zunächst gewaschen. Dabei können aufgesprungene oder verfärbte Exemplare aussortiert werden. Nun wandern die Samen mit der doppelten bis dreifachen Menge Wasser ins Glas, werden mit dem Sieb-Deckel verschlossen und quellen bis zum nächsten Tag – ca. acht bis zwölf Stunden – vor. Anschließend abgießen, gegebenenfalls leere oder nicht gequollene Samenschalen erneut aussortieren und das Glas schräg auf die Halterung stellen. Das Keimgut wird in den nächsten Tagen – je nach Sorte – morgens und abends gespült, abgegossen und wieder schräg aufgestellt.

Durch das regelmäßige Spülen werden die keimenden Samen mit frischem Wasser und Sauerstoff versorgt und mögliche Bakterien oder Schimmelpilze entfernt. Nach ca. fünf bis acht Tagen ist die Ernte genussbereit. Einige Sorten – beispielsweise Kichererbsen, Linsen oder Sonnenblumen – sprossen bereits nach zwei bis drei Tagen.


Gekeimte Chia- und Leinsamen – Essentielle Fettsäure-Lieferanten

Chiasamen und Leinsamen überzeugen durch ihren hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren.

Sowohl exotische Chiasamen als auch regional erhältliche Leinsamen – als nachhaltiges Pendant – liefern mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Insbesondere der hohe Gehalt an Omega-3-Fettsäuren à la α-Linolensäure ist charakteristisch für beide nährstoffreichen Samen. Bei der Zufuhr von ungesättigten Fettsäuren sollte der Fokus auf einem optimierten Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren liegen.

Die gesundheitlich empfohlene Reduktion von Omega-6-Fettsäuren – bei gleichzeitiger Erhöhung der Omega-3-Fettsäuren – kann durch den Genuss von Leinsamen und Chiasamen gezielt unterstützt werden. Beide Samen – auf Wunsch in gekeimter Version – liefern eine Extraportion α-Linolensäure (Omega-3) bei einem vergleichsweise geringen Gehalt an Linolsäure (Omega-6).


Keimen leicht gemacht – Praktische Tipps für Chia & Co
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Zum Keimen von Chia- und Leinsamen eignen sich flache Keimgefäße, da sie – aufgrund einer Schleimbildung – einen ruhenden Boden benötigen. Dafür kann ein Kressesieb – beispielsweise bestehend aus einer Keramikschale und einem Edelstahlsieb – genutzt werden. Das integrierte Sieb befindet sich auf halber Höhe der Schale, damit die Wurzeln der Keimlinge nach unten wachsen können. Während des Keimprozesses darauf achten, dass die Samen – über regelmäßiges Spülen – ausreichend feucht gehalten werden. Die fertigen Sprossen nach Herzenslust zum Aufpeppen von Suppen, Salaten und Co. verwenden.


Besonderheiten bei Hülsenfrüchten – Vor dem Verzehr blanchieren

Um das volle Nährstoffstoffspektrum – allen voran die Vitamine – von Keimlingen auszukosten, sollten sie grundsätzlich roh verzehrt werden. Da in einigen Samen von Hülsenfrüchten aber bedenkliche Stoffe wie Lektine enthalten sein können – die während des Keimvorgang nicht komplett abgebaut werden, sollten diese blanchiert werden. Dieser Aspekt betrifft u. a. Erbsen-, Kichererbsen- und Sojabohnenkeimlinge. Da eine mögliche Keimbelastung nicht ausgeschlossen werden kann, sollten empfindliche Personen diese Empfehlung bei allen Sprossen beherzigen. In diesem Zusammenhang sind Personen mit geschwächter Immunabwehr, schwangere und kleinere Kinder zu nennen. Die Sprossen dafür ca. 30 Sekunden in kochendes Wasser geben, anschließend kurz in Eiswasser tauchen und sofort verzehren.


Regelmäßig spülen, Sauerstoff & kühler Standort

Ansonsten ist es zum Schutz vor pathogenen Keimen generell ausreichend, die Sprossen während des Keimens regelmäßig gründlich zu spülen und vor dem Verzehr erneut abzuspülen. Darüber hinaus kann die Zugabe von Senf- oder Rettichsamen das Wachstum von Bakterien hemmen. Zusätzlich sollten die Keimlinge nicht zu warm aber hell stehen und ausreichend belüftet werden. Die Keimgläser vor der nächsten Zucht gründlich – zum Beispiel mit Essigwasser – reinigen und vollständig trocknen lassen.


Kulinarische Tipps & Tricks

Alfalfa-Sprossen für Salat und Sandwich
Alfalfa-Sprossen eignet sich zum Garnieren von Salaten und Aufpeppen von Sandwiches.

Natürlich lassen sich die knackigen Sprossen nicht nur zum nährstoffreichen Aufpeppen von Salaten, sondern auch zum Anreichern von grünen Smoothies oder als Topping für Sandwiches und Co. verwenden. Auch Gemüsecremesuppen können als kleines visuelles und vitaminreiches Highlight mit ein paar Sprossen garniert werden. Liebliche Sorten – beispielsweise Weizenkeimlinge – eignen sich auch exzellent für Müslis, Overnight-Oats oder für einen nährstoffreichen Obst-Salat.

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