Emulgatoren verursachen Darmentzündung

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Emulgatoren finden sich in zahlreichen verarbeiteten Lebensmitteln. Sie verbessern die Konsistenz von Speiseeis, Saucen und Mayonnaise und sorgen dafür, dass Brot lange weich und fluffig bleibt. Doch der regelmäßige Verzehr von Emulgatoren kann zu einer Darmentzündung führen. Deshalb sollte man bevorzugt frische Speisen verzehren und verabeitetete Lebensmittel möglichst meiden.


Emulgatoren zerstören Mucusbarriere

Emulgatoren können offenbar die Schleimbarriere (Mucusbarriere) zerstören, die normalerweise Bakterien von der Darmwand isoliert. Zwei der gängigsten Emulgatoren sind Carboxymethylcellulose und Polysorbat-80. Mit ihnen wurden mehrere Versuche mit Mäusen durchgeführt. Die armen Versuchtiere entwickelten eine Darmentzündung und einige bekamen Adipositas. Eine Studie brachte die durch die Emulgatoren verursachte chronische Entzündung sogar mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko in Verbindung.

Die Emulgatoren zersetzen vermutlich die schützende Schleimschicht, die die Darmoberfläche bedeckt. Der Schleim (Mucus) wirkt wie eine Barriere, der die Darmbakterien im sicheren Abstand zu den Epithelien der Darmschleimhaut hält. Wenn der schützende Schleim fehlt, dann können Bakterien ungehindert zur Schleimhaut vordringen.


Die Symbiose zwischen Mensch und Darmflora

Die menschliche Darmflora (auch intestinales Mikrobiom oder Mikrobiota) bezeichnet eine vielfältige Gemeinschaft von Mikroben, die in einer Symbiose mit seinem Wirt lebt. Der Wirt sind wir. Und wir profitieren von unseren Untermietern, indem sie uns bei der Verdauung, dem Stoffwechsel und der Immunentwicklung helfen.

Zwei wesentliche Faktoren sorgen für ein gutes Mietverhältnis. Zum Einen ist es die Zusammensetzung der Darmflora, zum Anderen der gesunde Abstand zu unseren Nachbarn. Ist einer dieser beiden Faktoren gestört, dann gibt es Probleme.


Die Guten und die Bösen Darmbakterien

Was die Zusammensetzung der Darmflora betrifft, so dürfen wir zumindest teilweise in gut oder böse unterteilen. So machen uns die lieben Milchsäurebakterien (Laktobazillen) nichts und sind uns ebenso wie Bifidobakterien quasi unbegrenzt willkommen. Von beiden Sorten gibt es wiederum zahlreiche Stämme, die sich in verschiedenen käuflichen Probiotika wiederfinden.

Dann weiß eigentlich jedes Kind, dass Salmonellen was Schlechtes sind und auch einen Norovirus können wir ganz und gar nicht gebrauchen. Beide kommen in der gesunden Darmflora nicht vor. Sie sind also uneingeschränkt „böse“. Jetzt gibt es einige weniger beliebte Nachbarn, die man einfach in einer gewissen Anzahl dulden muss. Hierzu gehören beispielsweise Clostridien und Klebsiella Spezien. Auch ein paar Candida-Pilze sind eigentlich ganz normal. Nehmen sie allerdings überhand, dann werden sie zum Problem. Wir nennen sie potentiell schädliche Darmkeime. Sie sind also nur bedingt böse. Interessanterweise halten die netten Nachbarn die nervigen in Schach, sodass Probiotika mit Lakto- und Bifidobakterien allein schon gegen Clostriden und Co. helfen können.

Dann gibt es wiederum Bakterien, die wir eigentlich brauchen, die aber auch nicht überhand nehmen sollten. Dazu gehören zum Beispiel bestimmte (physiologische) Escherichia Coli und Enterokokken. Sie sind also nur bedingt gut.

Wir müssen uns damit abfinden, dass wir ein multikulturelles Mikrobiom beherbergen, das mit uns Menschen als Gastgebern ein komplexes Ökosystem bildet. In diesem Ökosystem gibt es nicht nur gut und schlecht, sondern ein mehr oder weniger gesundes Gleichgewicht und miteinander.


Mucus – das läuft wie geschmiert

Um in dem Bild der netten Nachbarschaft zu bleiben, stellen wir uns den Darmschleim zugleich als Binde- und als Trennmittel vor. Man gibt es nicht gerne zu, aber sich „einschleimen“ hilft manchmal dabei einen guten Kontakt aufzubauen. Wie im sozialen Miteinander, so auch in unseren mit Schleimhaut ausgekleideten Organen. Mit Schleim rutscht die Nahrung besser, ohne bleibt uns der Bissen im Hals stecken. Der feuchte Schleim in unserer Nase bewahrt ihre inneren Häute vor dem Austrocknen und schützt sie vor dem Anheften von krankhaften Keimen.

Der letzte Punkt ist für das friedliche Miteinander von Darmbakterien und Darmschleimhaut entscheidend. Da die Schleimschicht ein übermäßiges Anhaften von (potentiell schädlichen) Bakterien an die Schleimhaut verhindert, kann ihre Zersetzung die Bakterien leichter zur Schleimhaut durchdringen lassen. Entzündungen der Schleimhaut können die Folge sein.

Nun besteht Schleim aus Glykoproteinen, einem Gemisch aus Eiweiß und Kohlenhydraten, das hydrophil, das heißt wasseranziehend, ist. Die Zellmembran menschlicher Zellen sowie von Bakterien besteht aus einer wasserabweisenden Lipiddoppelschicht (einer doppelten Fettschicht). Fett und Wasser stoßen sich ab, solange kein Emulgator eine Emulsion aus beiden bildet und sie sich vermischen können. Wirkt also ein Emulgator auf den schützenden Schleim ein, so kann dieser leichter von den Bakterien durchdrungen werden. Der dann folgende Kontakt der Bakterien mit der Schleimhaut kann zu Abwehrreaktionen und damit Entzündungen führen.


Schleimbarriere versus Schleimhautbarriere

Damit hier keine Verwirrung auftritt, möchten wir kurz die beiden Begriffe Schleimbarriere (Mucusbarriere, von Mucus = Schleim) und Schleimhautbarriere (Mucosabarriere, von Mucosa = Schleimhaut) voneinander abgrenzen. Sie könnten sonst leicht durcheinandergeworfen werden. Die Emulgatoren zerstören die Schleimbarriere. Dadurch ist wiederum die Schleimhaut angreifbarer und die Schleimhautbarriere (im Darm auch Darmbarriere genannt) kann leichter geschädigt werden. Eine Schädigung der Schleimhautbarriere im Darm kann wiederum ein sogenanntes Leaky-gut-Syndrom nach sich ziehen. Dieses beschreibt eine pathologische Durchlässigkeit der Darmschleimhaut für Toxine, Nahrungsantigene und Mikroorganismen. Es trägt entscheidend zur Aufrechterhaltung chronischer Entzündungsprozesse im Darm bei und ist zudem an der Entstehung von autoimmunen Krankheiten beteiligt.


Darmentzündung und metabolisches Syndrom

Zurück zu den bereits erwähnten Studien. Die Forscher beobachteten eine Zunahme von Darmentzündung (Colitis) und Adipositas (metabolischem Syndrom) bei Mäusen denen Sie die Emulgatoren Carboxymethylcellulose und Polysorbat-80 in relativ geringen Mengen verabreicht hatten. Bei dafür prädisponierten Mäusen wurde eine starke Colitis vergleichbar mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung ausgelöst.

Die Wissenschaftler der Universität von Atlanta schlossen daraus, dass Emulgatoren für die Zunahme von entzündlichen Darmerkrankungen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts verantwortlich sein könnten. Auch hielten sie es für möglich, dass Emulgatoren zu einem vermehrten Auftreten von Fettleibigkeit, metabolischem Syndrom und anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen beigetragen haben könnten.


Bakterielle Überwucherung und Dünndarmentzündung

In einer Studie die in Zusammenarbeit mit der Charité in Berlin entstand, wurde wiederum der Einfluss von Carboxymethylcellulose auf den Darm von Mäusen untersucht. Der Versuch wurde mit IL-10-Gen-defizienten Tieren durchgeführt. Das Interleukin-10 wirkt normalerweise regulatorisch und kann Entzündungsprozesse bremsen. Ein Mangel erhöht die Wahrscheinlichkeit an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu erkranken.

Die Verabreichung einer 2%igen Lösung des Emulgators führte zu einer massiven bakteriellen Überwucherung im Dünndarm, die eine Darmentzündung hervorrief. Die Veränderungen waren denen ähnlich, die bei Menschen mit Morbus Crohn beobachtet werden können. In der Kontrollgruppe, die den Emulgator nicht erhielt, traten die krankhaften Veränderungen nicht auf.

Man schlussfolgerte, dass Carboxymethylcellulose eine bakterielle Überwucherung und Dünndarmentzündung bei dafür anfälligen Tieren hervorruft. Ebenso wie die Forscher aus Atlanta hielt man den Emulgator für eine mögliche Ursache des Anstiegs der CED beim Menschen im 20. Jahrhundert.


Fazit

Die Wirkung von Emulgatoren aus Lebensmitteln auf den menschlichen Darm ist noch nicht ausreichend erforscht. Allerdings erscheint es logisch, dass diese Zusatzstoffe die Darmschleimhaut schädigen können. Deshalb macht es Sinn, verarbeitete Lebensmittel weitesgehend zu meiden. Das gilt besonders für Menschen die zu (chronischer) Darmentzündung neigen.

 


Quellen

Allen et al.:The mucus barrier. Its role in gastroduodenal mucosal protection. J Clin Gastroenterol. 1988;10 Suppl 1:S93-8. (Link zur Studie)

Arrieta et al: Alterations in intestinal permeability. Gut. 2006 Oct; 55(10): 1512–1520. (Link zur Studie)

Chassaing et al: Dietary emulsifiers impact the mouse gut microbiota promoting colitis and metabolic syndrome. Nature 519, 92–96 (05 March 2015). (Link zur Studie)

Chassaing et al: Dietary Emulsifier–Induced Low-Grade Inflammation Promotes Colon Carcinogenesis. Microenvironment and Immunology. Published November 2016. (Link zur Studie)

Forschung und Wissen: Wie die Schleimhaut vor Bakterien schützt. (Online Link)

Ribbeck et al: Salivary Mucins in host defense and disease prevention. Biological Sciences in Dental Medicine, Harvard University, Cambridge, MA, USA. (Link zur Studie)

Swidsinski et al: Bacterial Overgrowth and Inflammation of Small Intestine After Carboxymethylcellulose Ingestion in Genetically Susceptible Mice. Inflammatory Bowel Diseases: Volume 15, Issue 3, p 359–364 (March 2009). (Link zur Studie)

 

 

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