Burnout, Erschöpfung und der Darm – Ist CFS eine Störung des Mikrobiom?

Eine neue Studie zur Bedeutung der Darmflora bei dem Chronic fatigue Syndrome (CFS).

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Burnout ist zu einem Schlagwort mutiert, unter welchem eine Vielzahl an Symptomen zusammengefasst wird. Es ist ein Zustand allgemeiner Erschöpfung, aber nicht mit CFS, dem chronischen Erschöpfungssyndrom, zu verwechseln. Eine neue Studie gewährt nun Einblicke in den Zusammenhang von Erschöpfung und Darmflora.


Zu früh wird die Diagnose “psychosomatisch” gestellt

Menschen, die unter Erschöpfung leiden, klagen oftmals auch über Magen-Darm-Probleme, Kreislaufstörungen oder Rückenschmerzen. Diese Symptome sind nicht immer eindeutig zuzuordnen und werden nicht selten als Einbildung abgetan oder als psychosomatische Begleiterscheinung. Therapeutisch wird entweder gar nicht gewirkt oder es wird symptomorientiert gehandelt. In beiden Fällen ist es eine ungenügende Behandlung der Betroffenen. Denn diese fühlen sich unsicher, nicht ernstgenommen und verlieren immer mehr das Vertrauen in die eigenen Körpersignale. Burnout und chronische Erschöpfung haben sich zu einer Volkskrankheit entwickelt. Aufgrund zahlreicher Einflussfaktoren ist es schwierig, die Komplexität dieser Syndrome ganzheitlich zu erfassen. Jeder Einzelfall bedarf der genauen Analyse und Auswertung. Dazu gehören auch Zusammenhänge, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.


Burnout und Erschöpfung – Welche Rolle spielt der Darm?

Burnout und das chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) sind im ICD-10 gelistet, also in der internationalen Klassifikation von Krankheiten. Beide Syndrome sind damit anerkannte Krankheitsbilder. Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Zentral ist, dass es sich um dauerhafte Erschöpfungszustände handelt. Burnout ist allerdings ein seelischer Zustand und CFS eine körperliche Störung. Beim Burnout existiert keine Immunstörung. Das ist beim CFS anders. Beim chronischen Erschöpfungssyndrom zeigen sich Immunschwächen, Entzündungen oder geschwollene Lymphknoten. Der Körper leidet. Dass das Immunsystem schwächelt, hängt u. a. mit dem Darm zusammen, denn eine Säule des Immunsystems ist der Darm. In ihm existieren Bakterien, die für das Immunsystem entscheidend sind. Das hängt mit der Resorptionsfunktion zusammen. Die Fläche des Dünndarms ist über 200 m² groß und eine geeignete Stelle für Mikroorganismen, in den Körper einzudringen. Um das zu verhindern, hat der Darm mehrere Verteidigungsanlagen: Darm-Mikrobiota, Darmschleimhaut und Darm-assoziiertes Immunsystem. Ist die Darmflora gestört, besteht in dem Verdauungsorgan ein effektiver Angriffspunkt für exogene Faktoren.


Die Darmflora und das Erschöpfungssyndrom

Forschungen an der Cornell University in den USA haben nun gezeigt, dass es beim chronischen Müdigkeitssyndrom einen ursächlichen Zusammenhang zur Darmflora gibt. Es sind also keine psychosomatischen Beschwerden, die die Betroffenen haben. In der Studie wurden Stuhl- und Blutproben von CFS-Patienten untersucht. Insgesamt nahmen 48 CFS-Patienten und 39 gesunde Personen als Probanden teil. Die Proben wurden auf mikrobielle DNA analysiert, um Bakterienarten identifizieren zu können. Auffällig war, dass bei den CFS-Patienten die an sich stark ausdifferenzierte Bakterienflora reduziert war. Es gab also weniger Diversität. Außerdem wiesen die CFS-Patienten weniger entzündungshemmende Bakterien auf als die gesunden Probanden. Im Blut wurden dagegen vermehrt Entzündungsmarker ausgemacht. Diese können durch die gestörte Darmflora auftreten. Die Forscher bilanzierten, dass die untersuchten CFS-Patienten keine gesunde Darmflora hatten. Dies könne die CFS-typischen Magen- und Darmbeschwerden sowie Entzündungen erklären. Noch ist nicht abschließend geklärt, in welche Richtung der ursächliche Zusammenhang zwischen CFS und Darmflora zu denken ist. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die mit dem Erschöpfungssyndrom einhergehenden Symptome oder Krankheiten nicht eingebildet, sondern echte Krankheitsbilder sind.


Ernährungskonzepte und Probiotika als Behandlungsansätze

Die Studie ist eine erste Grundlage für nachfolgende Forschungen. Noch ist vieles unklar, gerade was die Ergebnisse für die therapeutische Wirklichkeit bedeuten könnten. Es bedarf eines besseren Verständnisses über das Mikrobiom der Patienten. Die Ernährung und die Versorgung mit probiotischen Bakterien liefern bereits Behandlungsansätze. Das chronische Müdigkeitssyndrom könnte demnach zumindest begleitend mit einer Ernährungsumstellung, Probiotika und speziellen Ballaststoffen therapiert werden.

Die Studie liefert aber auch einen Hinweis zur besseren Diagnostik. Man kann Stuhl- und Blutuntersuchungen heranziehen, um exakter zwischen Burnout und CFS unterscheiden zu können. Vielleicht trägt die Studie auch dazu bei, dass innerhalb der wissenschaftlichen Medizin die Darmflora mehr Beachtung bekommt. Denn bisher sind es vorrangig die Heilpraktiker und ganzheitlich ausgerichteten Ärzte, die der Darmflora therapeutische Aufmerksamkeit schenken.


Quelle:

Giloteaux et al: Reduced diversity and altered composition of the gut microbiome in individuals with myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome. Microbiome. 2016 Jun 23;4(1):30. doi: 10.1186/s40168-016-0171-4. Link zur Studie

4 BEMERKUNGEN

  1. Vielen Dank für den interessanten Artikel zum Thema “Burnout, Erschöpfung und der Darm – Ist CFS eine Störung des Mikrobiom?”. Burnout ist eine rein seelische Erkrankung die sich aber auch auf den Körper auswirkt. Ich weiß, dass viele Burnout Patienten oft über Magen – Darm Probleme klagen. Meiner Meinung nach ist das eine körperliche Reaktion auf den Burnout. Ich habe durch den Artikel einiges neues vor allem aus medizinischer Sicht dazu gelernt!

  2. Hallo die Psyche hat viele Wege um sich bemerkbar zu machen. Körperliche Beschwerden, wie eine Erkältung oder ständiges Krank sein, ist der schnellste und einfachste Weg sich bemerkbar zu machen. Oft wird das aber nur als eine Erkältung abgetan und man hinterfragt nicht die Gründe für die Häufigkeit der Erkrankung. Das ist heute leider so, denn keiner will sich eine Psychische Erkrankung oder eine Burnout eingestehen. Auch wenn es sich nur mal um eine depressive Phase handelt. Unbehandelt kann es zu einer bleibenden Phase bleiben 🙁 Aber gut das es auch was aus der Natur für solche Fälle gibts. Ich habe schon Johanniskraut und Baldrian ausprobiert. Und bin jetzt dabei asiatische Kräuter zu testen, welche ich bisher besser vertragen als die beiden zuvor. Ich bin nicht mehr so verstimmt und auch nicht mehr so down.

  3. Zunächst einmal muss man ausdrücklich das Burnout-Syndrom vom chronischen Erschöpfungssyndrom unterscheiden. Für das Letztere sind ausdrücklich immunologische, hormonelle und stoffwechselspezifische Veränderungen nachgewiesen. Für das Burnout-Syndrom steht dieser Nachweis aber noch aus.

    Dennoch denke ich nicht, dass das Burnout-Syndrom eine rein psychosomatische Erscheinung ist. So leiden relativ gesehen mehr “Geistesarbeiter” an Burnout als körperlich arbeitende Menschen. Allein der Umstand, dass “Geistesarbeiter” einen großen Teil sitzend verbringen, kann zu bemerkenswerten negativen Einflüssen auf die Darmfunktion führen. Durch das Sitzen werden über die Statik der Wirbelsäule funktionell vegetative Zentren gereizt: über die oberen Halswirbel (Sympathikus-Grenzstrang-Ganglien), über die mittlere Brustwirbelsäule (Th4-7, funktionelle Verbindung zu Magen, Bauchspeicheldrüse, Leber – Galle) und über das Kreuzbein-Darmbein-Gelenk (funktionelle Verbindung zum Mastdarm).

    Die daraus folgende chronische Sympathikus-Reizung (Langzeitstress) resultiert in einer Verlangsamung der Peristaltik, einer Verringerung der Enzymaktivität und in einem schleichenden Umbau der Darmflora, in einem Milieu, in dem sich Fäulnisbakterien und Histaminbildner vermehren. Histamin ist hinreichend auf seine Auswirkungen hinsichtlich Erschöpfungszuständen untersucht (Fatigue, “Brain Fog”, Konzentrationsstörungen).

    Was wir bei Burnout im Gegensatz zum chronischen Erschöpfungssyndrom nicht (oder zumindest bei Weitem nicht in der Größenordnung) finden sind die einseitige Aktivierung des Immunsystems und diverse Entzündungsmarker, die meinem Erachten nach durch ein “Urtrauma” wie beispielsweise einer Lebensmittelvergiftung, einer medikamentösen Behandlung, Rheuma oder eine chronische Virusinfektion ausgelöst werden. Hinter Reizdarm wird heute auch in verschiedenen Veröffentlichungen ein subtiler immunologischer Prozess vermutet, wobei es mehrere “Reizdarm-Subtypen” mit unterschiedlichen hormonellen, vegetativen und immunologischen Mustern zu geben scheint.

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